general information - Russian Bass-Baritone, Evgeny Nikitin
Rollendebut as Kurwenal in NYC
The Metropolitan opera has published its 2016/2017 season programme on 17 February.
Richard Wagner's "Tristan und Isolde" will kick off the season in September.
In this new production, Evgeny Nikitin will make his rollendebut as Kurwenal in this house.
His appearances in the next season ( have published at the present time)
"Ttristan und Isolde" at The MET
26 Sept. - 27 Oct.
"Parsifal" 3rd Act
11 Nov. 2016
"Der fliegende Holländer" at Teatro Real
17, 20, 23, 27, 30 Dec. 2016 · 3 Jan. 2017
"The Fiery Angel" at Bayerische Staatsoper
19, 22, 25 Feb. 2017
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"Tosca" at festspielhaus Baden-Baden
10, 13, 17 Apr. 2017
"Tosca" at Berliner Philharmoniker
22 Apr. 2017
"Salome" at Dutch National Opera
9 Jun. - 5 Jul. 2017
"Fidelio" at Opera di San Carlo
23 & 25 Sept. 2017
Opernwelt: full text, interview with Evgeny Nikitin
Der russische Bassbariton Evgeny Nikitin über Bayreuth, Black Metal, sein Faible für finstere Operntypen und seine Aversion gegen Zwölftonmusic
Herr Nikitin, vor knapp vier Jahren, nach Ihrer überstürzten Abreise aus Bayreuth, hatten Sie geschworen, nie wieder ein Interview zu geben ...
Ich war damals sehr wütend. Und diese Geschichte treibt mich immer noch um. Manchmal geht sie mir durch den Kopf, und der ganze Ärger steigt wieder auf. Die Art und Weise, wie ich da wegen eines längst «übermalten» Tattoos behandelt worden bin, kann ich bis heute nicht verstehen. Über Nacht stand ich als Buhmann da. Bis heute hat sich niemand bei mir entschuldigt.
Wer sollte sich entschuldigen? Katharina Wagner?
Jetzt braucht das niemand mehr zu machen. Die Sache ist abgehakt.
Warum sprechen Sie dann wieder darüber?
Der Sturm hat sich gelegt, die See ist wieder ruhig. Die Zeit heilt manche Wunde. Ich habe mich weiterentwickelt, kann mein Herz öffnen. Manchmal habe ich es vielleicht zu weit geöffnet.
Waren Sie damals einfach naiv?
Wahrscheinlich. Ich hätte nie mit so einer Aufregung gerechnet.
Sie stammen aus dem arktischen Norden, leben in Sankt Petersburg, singen mittlerweile aber vorwiegend in Westeuropa ...
Ich habe zwar auch ein Quartier in Valencia, aber Sankt Petersburg ist meine Heimat. Da liegen die Wurzeln. Ich wohne nicht weit vom Mariinsky Theater. Das ist praktisch, ich singe da ja auch noch oft. Und ich habe keine Lust, jeden Tag lange zur Arbeit zu fahren. Die Wohnung hatte ich eigentlich für meine Eltern gekauft, für ihren Ruhestand. Vor ein paar Jahren sind sie gestorben. In meinem Beruf ist man sehr viel unterwegs, oft monatelang. Wir Sänger sind wie Blätter im Wind. Manchmal vergisst man, wohin man gehört.
Gehören Sie nach Sankt Petersburg?
Ja. Mein Vater stammt aus dieser Stadt. Nach dem Studium wurde er in die Provinz geschickt, für zwei, drei Jahre. Das war eine Verpflichtung. So ist er nach Murmansk gekommen. Er hat dort das Konservatorium gegründet – und eine Familie. Aber meine Wurzeln liegen in Sankt Petersburg.
Wie sind Sie mit der ewigen Dunkelheit im Winter fertig geworden?
Als ich jung war, erschien mir das ganz normal. Ein halbes Jahr Tageslicht, ein halbes Jahr Nacht. So war das eben in Murmansk.
Die schwarzen Tage sind Ihnen nie auf die Stimmung geschlagen?
Doch, manchmal ist auch die Stimmung schwarz. Es kann passieren, dass ich einen Monat sehr euphorisch bin und die nächsten zwei vergrübelt in die Welt schaue. Das ist so ein no- future-Gefühl. Vielleicht hat das wirklich etwas mit dem Klima zu tun, in dem ich aufgewachsen bin. Wenn ich zum Beispiel die Menschen in Spanien beobachte, kommt es mir so vor, als seien sie heiterer, leichter, nicht so kompliziert. Wahrscheinlich ist das so, weil dort das ganze Jahr über die Sonne scheint.
Sie singen in Madrid Klingsor, bei den Wiener Festwochen Pizarro. Mögen Sie eigentlich die finsteren Operntypen?
Wenn man Bassbariton ist, hat man halt die Dunkelmänner gepachtet. Totschläger, Perverse, Siecher, Intriganten – ich habe meinen Frieden mit ihnen gemacht. Leider hat man da schnell ein Image weg und dann kaum eine Chance, etwas anderes zu bekommen.
Würden Sie denn gern mal den Bass-Buffo geben?
Nein. Positiv, lustig – das ist nichts für mich. Dann lieber Prinz Igor, Pizarro, Amfortas oder Klingsor. Es stimmt schon, die sinisteren Figuren finde ich viel interessanter. Die guten sind meist langweilig. Don Ottavio in «Don Giovanni», unmöglich. Ein Phlegmatiker ohne Leidenschaft, ohne große Gefühle. Da ist mir sogar Scarpia lieber, das größte Miststück überhaupt.
Auch als Telramund sind Sie sehr gefragt.
Ja, aber als Typ habe ich mit dem Probleme. Der steht unter dem Pantoffel einer Frau. Das ist nicht mein Fall. Ich bin unabhängig. Da ist mir der Holländer schon näher. Immer unterwegs, ein romantischer Sucher, immer von den Frauen enttäuscht (lacht)...
Die Rolle, die Sie am häufigsten gesungen haben und mit der Sie 2012 Ihr Bayreuth-Debüt geben wollten ...
Der Holländer passt perfekt zu mir und zu meiner Stimme.
Sie haben kürzlich eine Wagner-CD veröffentlicht [siehe OW 2/2016]. Sie sprechen kein Deutsch, aber die Diktion ist nahezu makellos.
Ich hatte natürlich einen Coach für das deutschsprachige Repertoire. Der gab mir eine Menge Tipps in punkto Aussprache, Phrasierung, Sprachmelodie, Stil usw. Zum Beispiel, wie man die offenen und geschlossenen Vokale hinkriegt. Oder wie man das r rrrollt. Das kann ich jetzt anwenden. Wagner und Strauss singe ich übrigens schon seit meinen Anfängerjahren in Russland.
Wie schaffen Sie es, sich das doch sehr spezielle Wagner-Deutsch zu merken?
Das ist das Schwierigste. Wenn ich nicht alle zwei, drei Monate in die Partituren schaue, bin ich verloren. Was ich mir in einem Monat erarbeite, ist in zwei Wochen vergessen. Leider habe ich kein phänomenales Gedächtnis wie einige meiner Kollegen.
Konkret: Wie lernen Sie einen Text, den Sie nicht verstehen?
Ich arbeite mit Übersetzungen. Ich muss natürlich wissen, was ich singe. Und was die anderen singen. Ich muss jedes Wort kennen. Manchmal liegt der Akzent im Deutschen auf einem anderen Wort als in der russischen Übersetzung. Nehmen wir Hagen, «Götterdämmerung», Erste Szene (singt): «... der bläst so munter das Horn» – dass das Gewicht hier auf dem ersten Artikel liegt, kann man aus der Übersetzung nicht unbedingt herauslesen.
Sie haben im Herbst an der Bayerischen Staatsoper Ruprecht in Prokofjews «Feurigem Engel» gesungen [siehe OW 1/2016]. Da standen Sie mit manchen Solisten auf der Bühne, die kein Russisch sprechen. Sagen Sie etwas, wenn falsch artikuliert wird?
Nein. Das ist nicht meine Aufgabe. Ich mache das nur, wenn ich gefragt werde. Jeder muss für seinen Part selbst gerade stehen – und der Dirigent für das Ganze. Ich mache das, was der Dirigent verlangt.
Sie verlassen während laufender Probe gern den Raum, sobald Sie nicht mehr dran sind.
Ja. Ich ziehe mich oft zurück, besonders wenn es laut ist.
Sie haben früher in einer Black-Metal-Band Schlagzeug gespielt. Da ging es sehr laut zu ...
Das kann ich mir nicht mehr leisten, wegen meiner Sängerkarriere. Man kommt ja immer halb taub aus den Konzerten. Schon während des Studiums am Konservatorium in Sankt Petersburg habe ich irgendwann gemerkt, dass ich mich entscheiden musste. Das Milieu war Gift für die Ausbildung. Bier, Wodka und andere Sachen – das hat nicht unbedingt dazu beigetragen, die Stimme zu entwickeln. Leute, die das nicht gemacht haben, sind jetzt weiter als ich. Ab und zu spiele ich noch mal mit, in Clubs und so. Aber dann trage ich Ohrstöpsel.
Prägen diese Erfahrungen auch die Art, wie Sie heute singen?
Ja, natürlich. Ich bin auch durch die Rock-Musik zu dem geworden, was ich heute bin. Ich bereue nichts. Vielleicht liegen mir die finsteren Typen auch deshalb (lacht).
Wenn ich es richtig sehe, gibt es keine einzige Partie aus einer zeitgenössischen Oper in Ihrem Repertoire? Kein Interesse oder keine Angebote?
Für mich war Schostakowitsch der letzte große Opernkomponist. Nach ihm kam niemand mehr, der das Zeug hätte, Klassiker zu schreiben. Die Oper ist heute ein Museum, dessen Schätze wir pflegen müssen. Sie wird nie sterben, aber ich sehe einfach keine neuen Stücke, die wirklich gut sind. Schönberg und diese ganzen Experimente, das führt zu nichts. Wer will das hören? Zwölftonmusik ist etwas für Komponisten, Wissenschaftler, Verrückte. Der normale Besucher will im Opernhaus etwas Schönes sehen – und entspannen.
- Interview: Albrecht Thiemann / opernwelt / Seite 76 / April 2016